Freitag, 19. August 2011

RELIGION

RELIGION

Mit der Epoche der Aufklärung hat sich eine Irrmeinung über Religionen verbreitet, die ein typisches aufklärerisches Missverständnis ist: Religionen seien so etwas wie philosophische Systeme, im Kopf ausgeklügelt, zum Zwecke, die Welt zu erklären. Irgendjemand habe einmal einen Gott erfunden aus einer wunscherfüllenden Phantasie heraus. Dieser meinung steht die Tatsache gegenüber, dass die religiösen Symbole mit dem Kopf nur sehr schlecht gedacht werden können. Ein glaubwürdiger Gott ist nicht denkbar, ein denkbarer Gott nicht glaubwürdig. "Weshalb untersuchen wir hier das Thema Religion?", wirst Du dich fragen, "Ist es heute noch von Bedeutung?". Du bist postmodern sozialisiert und aufgeklärt und denkst darum: "Werte sind arbiträr". Aber ich sage Dir: Wenn nicht Du über die Deine Werte nachdenkst, dann wird es jemand anderer für Dich tun...
DER WELTMOTOR
Der sich entwickelnde Mensch kann sich anfangs nur über das bestimmen, was er NICHT ist - Die Nichtigkeit als Weltmotor? Die Seele ist ein schwarzes Loch, der Tod ist ein Spiegel. Man weiss gar nicht, wovor man mehr Angst haben soll: Vor der Endlichkeit oder vor der Unendlichkeit. Der Ausweg ist: Der Moment. Den Moment leben zu können, darin liegt laut Zen das Glück.
MATERIE VS. GEIST
Die Gebote, die Gott Moses vor so langer Zeit gab, dürfen nicht toter Stein bleiben, auf den sich die Gedankenlosen beziehen können. Der Stein selbst ist nicht das Gesetz, der Stein ist nur das, worauf das Gesetz geschrieben wurde, er ist leblose Materie. Laut den Shuar ist die Welt der Geister die eigentliche Welt, die alltäglich sichtbare, stoffliche Welt hingegen nur eine Illusion, welche den direkten Zugang zur Realität verhindert. Im 17. Jahrhundert ist die moderne Naturwissenschaft entstanden, sie dreht sich nur um Materie. Wir haben Materie und Geist getrennt und zu glauben begonnen, Materie sei die richtige Welt. Ende des 19. Jahrhunderts sagte Lord Kelvin sogar, er sei erst zufrieden, wenn er von einer Sache ein mechanisches Modell bauen könne, erst dann sei er in der Lage, es zu verstehen. 118 In der Moderne gab es keinen Gott mehr - Und heute in der Postmoderne spielt es nicht einmal mehr eine Rolle, ob es einen gibt oder nicht. Der Darwinismus wurde erfunden, um die geistige Welt zu demütigen. Es ist eine Devolution: Die Vertierung des Menschen, der sich daraufhin blindlings in die Technik flüchtet. Aber was macht Dich wirklich zum Menschen? Dass Du ein Mobiltelefon bedienen kannst? Nein, es ist das Bewusstsein. Doch vom Bewusstsein wollen sie eben nicht, dass du es benutzt.
ZUSTAND DER RELIGION HEUTZUTAGE
Es dominieren gummige Patchworkreligionen: Christen, die die Wiedergeburt wünschen(!), welche sie mit der Auferstehung verwechseln usw. Kein Wunder, denn die landeskirchlichen Messen sind zu leeren Ritualen verkommen - denn weil die Kirche laufend Austritte verzeichnet, muss sie ihre Glaubenssätze verwässern. Um sich an die Leute zu heften, hat die heutige Kirche sich eine schlaue Strategie zurechtgelegt: "Alles umfassen!" Alles Sentimentale, alles mit Gefühl, Nottwil, Jugendgewalt, Brot, ein Zug, der abfährt, kurz: alles Gefühlige, wird mit der Religion in einen Zusammenhang gestellt. Und ganz religiös ist es natürlich, Ostereier zu suchen. Die meisten kaufen der Kirche das ab, und stellen keine Fragen - Können sie auch gar nicht, denn es wird keine breite theologische Grundlage mehr vermittelt. Die Hauptsache ist: Dass Du die Kirchensteuer zahlst. Wie es ums Ansehen der Religion heute steht, verdeutlicht folgende Anekdote: In einem militärischen psychiatrischen Test mussten wir ein Formular ausfüllen, das u.a. fragte, ob man religiös sei. Ich war empört über diese Frage: Ist man psychisch untauglich, wenn man sich religiöse Fragen stellt? Später dämmerte es mir: Religion ist insofern ein Problem, als dass für einen aufrichtig religiösen Menschen der Staat nicht mehr die höchste Autoriät ist... So sollte der Revolutionstheoretiker die Beziehung des Volkes zur Religion nicht ausser acht lassen, auch um einen Gradmesser für Art und Stärke dessen moralischer Ansprechbarkeit zu haben.
GESCHICHTE DER RELIGIONEN
Es begann alles mit dem Paganismus. Die Heiden hatten eine sehr ehrliche aber harte Art von Göttern. Jeder Stamm hatte seine eigenen Götter, und 119 wessen Gott mächtiger war, stellte sich auf dem Schlachtfeld heraus. Götter waren so etwas wie heute Logos oder Maskottchen. Etwas, das die Einheit des Stammes, seine gemeinsame Seele in sich vereinte. Dann kam der Zorastrismus. Die Parsen erkannten eine gute Kraft (Ahura Mazda) und eine schlechte (Ahriman). Die Kräfte werden sich auf einer riesigen Brücke treffen. Dieser Dualismus prägte uns sehr stark. Der Monotheismus wurde also nicht ganz vom Judaismus erfunden, sondern viel wahrscheinlicher wurde die Idee der Eingötterei von den Parsen aufgestellt, oder eine noch frühere Vorform im 14. Jh. v. Chr von Pharao Echnaton. Man nimmt nichtsdestotrotz landläufig an, nur die Israeliten könnten die Idee gehabt haben, wo sie doch so "gut im abstrakten Denken" gewesen seien, weil sie in der kargen Wüste gelebt hätten. Die Ägypter und Parsen haben aber auch dort gelebt... Der Gott der Israeliten (Jahwe, der auch unser christlicher Gott ist) war einst ein Eselsgott, weil die Ur-Hebräer eselzüchtende Nomanden in Südarabien waren. Dann kam Jesus von Nazareth und bekämpfte die Korruptionserscheinung, die das Judentum inzwischen bekommen hatte (wie jede Religion und Institution es früher oder später tut), woraus das Christentum entstand. Jesus wurde auch der "Eselreiter" genannt, weil er einen Esel ritt. Das scheint mir sinnbildlich für das, was Jesus uns möglicherweise hat sagen wollen: Der Mensch steht über dem Esel-(Gott), im Mittelpunkt. Möglicherweise war Jesus der erste Humanist und Existenzialist. Es gibt sogar "christliche Atheisten" ("TO FOLLOW JESUS REJECT GOD"), aber natürlich wird darüber weder von den Religiösen, noch von den Areligiösen gesprochen - denn niemand hat ein Interesse daran, es zu erwähnen. Jesus wollte uns einen und von Dogmen befreien und die Liebe reinigen, wie etwa Laotse oder Buddha. Aber die Religion, die er gründete, ist inzwischen so korrupt geworden, wie auch alle vorhergehenden geworden waren.
AUFKLÄRUNG
Wir fühlen uns heute weise, weil wir wissen, dass die Erde eine Kugel ist, Vögel nur ein Loch haben, was Quarks sind, und dass die DNS 213 Chromosome hat usw. Vielleicht weiss einer sogar, dass es keinen Gott gibt. Dies zu verkünden ist etwa so luzid wie zu verkünden, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Heute fühlen sich die Menschen belästigt von Kreuzen und Kopftüchern, aber niemand stört sich an den meterhohen Plakatwerbungen im öffentlichen Raum. Es gibt viele Religionsersätze, der Automobilismus ist ein solcher. Shells Logo ist eine Jakobsmuschel (DAS Pilgersymbol), Autofahren die einzige Religion ohne Gott. Es wird gelacht über eine Religion, ohne sie zu prüfen. Einfach weil Religionen "nicht wissenschaftlich" sind. Religion muss aber gar nicht wissenschaftlich sein. Es geht um Weisheit, nicht um Wissen. Das wissenschaftliche Denken ist erst viel später entstanden als die grossen Religionen - diese können deshalb noch gar nicht wissenschaftlich gewesen sein. Andersherum betrachtet: Quantenphysik ist vermutlich wahr, - aber irrelevant für unsere Weisheit. Sollte ich sie nun deswegen verneinen? Ohne mich damit auseinanderzusetzen? Wir können heute nur noch verstehen, was wir sehen: Wenn jemand sagt, es wurde ihm das Herz gebrochen, dann schickt man ihn durch den Tomograph. Wir schneiden Leute auf, um ihre Seele zu suchen und fliegen ins Weltall, um nach Gott zu forschen. Manche sagen sich also, Gott existiert, andere sagen, er existiert nicht. So eine grosse Frage kann jedoch nicht mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden. Es kommt eher auf ein "inwiefern ja?" oder ein "inwiefern nein?" an. Solche Fragen sind wirklich konstituierend für die Gesellschaft. Wieder andere Leute akzeptieren Gott, aber nur aus Bequemlichkeit. Sie sagen sich: "Gott ist die Antwort auf die Fragen, die ich mir nicht beantworten will."
WAS WOLLTE JESUS?
Wie soll das Wirken Jesu aufgefasst werden? Er vertrieb die Händler aus dem Tempel, lockerte Dogmen oder schaffte sie ganz ab, wie z.B. die Speisegebote (Nicht was in den Menschen hineingeht macht ihn unrein, sondern das, was aus ihm herauskommt, Gedanken usw.) Er wollte auch die Beschneidung stoppen, die damals traumatischer als heute geschah. Laut Wilhelm Reichs Interpretation wollte Jesus den "gepanzerten" Menschen wieder die Liebe bringen, was auch bedeutete, ihnen Schuldgefühle zu nehmen. Seiner Auffassung nach wollte Jesus das Genitalientabu brechen, weil das Genitalientabu die Liebe in Hass und Krieg pervertiere, in den emotionalen Tod und ein Leben voller Verbote. Die Israeliten beschnitten sich demnach nicht "als Erkennungszeichen ihres Stammes", sondern weil sie glaubten, dass alles Schlechte aus den Genitalien komme. Sie waren im Übrigen nicht die Erfinder der Beschneidung, die Ägypter und viele andere hatten diese Praxis bereits vor ihnen. Die Ägypter taten es jedoch, weil sie glaubten, Schlangen würden durch das Häuten unsterblich, also wollten sie auch ein Stück Unsterblichkeit. Der Jesusmord findet tagtäglich stückweise an fast jedem Menschen statt (bzw. an seiner Lebendigkeit). Aber die Leute sehen nur die historische Kreuzigung und verehren das Ereignis nur als eine "Opferung", ohne dass weiter etwas geschieht, um etwas daran zu ändern. Der Revolutionär Jesus wurde der Blasphemie beschuldigt. Er wusste dabei um die Arbitrarität aller "Werte" des alten, korrupten Systems, und darum, dass Gott immer nur das ist, was man will, das er ist. Das für eine Gesellschaft Konstituierende. Genau wie Liebe immer nur so heilig ist, wie man sie hält. Jesus sagte viele unglaubliche Dinge, aber alle bewahrheiteten sich. Bloss manchmal nicht so, wie man es gerade erwartet hätte. In der Bergpredigt meinen die meisten Leser, das Jenseits sei gemeint, wenn Jesus sagt: "Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Selig die Armen...". Ich bin aber überzeugt, dass er nicht, oder nicht nur das Jenseits gemeint hat... Denn könnte er nicht die berühmte "reiche innere Welt" gemeint haben, die z.B. Häftlinge in ihrer Zelle entdecken? Ist mit dem Jenseits die Psyche gemeint, in der die Geschundenen belohnt werden? Vermutlich muss eine ganze Reihe biblischer Texte neuinterpretiert werden, auf neue, metaphysischere Art und Weise.
BEWUSSTSEIN
Der Sündenfall als Ereignis der Bewusstwerdung beispielsweise. Die Vertreibung aus dem Paradies als Intellektualisierung Adams und Evas. Im Paradies gab es noch keine Intellektuellen, die erst alles durchkauen und verstehen mussten, denn es war noch alles selbst-verständlich. Hauchten Früchte vom "Baum der Erkenntnis" uns dann Bewusstsein ein? 122 Denken wäre somit Sünde. Möglicherweise war mit "erkennen" ja nicht der Akt gemeint, sondern wirklich erkennen als denken. Jahwe heisst "Ich bin, der ich bin".
 IST GOTT DAS BEWUSSTSEIN?
Das Bewusstsein ist es ja überhaupt erst, das uns so verbissen nach einem Gott suchen lässt, aber die Suche führt im Kreis, weil wir immer etwas ausserhalb suchen, dabei ist es eben vielleicht das Bewusstsein selbst. Natürlich nicht meins oder deins, sondern das ein allkollektives Bewusstsein an sich. Aber das All-Bewusstsein ist schon lange geborsten, und die Splitter auf die Erde heruntergeregnet. Tiere sind möglicherweise nicht unbewusst, sondern ihr Bewusstsein ist möglicherweise auf eine Art noch heiler. Das ist nur meine Meinung. Wenn es so wäre, wie ich denke, ist eigentlich alle Religion paradox: Es ist eine Sünde, über das Leben nachzudenken, aber die ganzen Theologen tun ja die ganze Zeit nichts anderes!!! Wir sind lebende geistige Wesen. Genau darum müssen wir uns selbst bewusst werden. Die Wortbedeutung von "selbstbewusst" hat einen grossen Wandel durchgemacht: "Selbstbewusst" im Sinne von "Sich-selber-kennen" wird heute eher als "Selbstsicher-Auftreten" verstanden. Zwei ganz verschiedene Dinge! Andererseits ist Selbstbewusstsein in der alten und in der neuen Wortbedeutung im Resultat dennoch eigentlich dasselbe: Der Weg gegen innen ist auch der Weg gegen aussen - und umgekehrt - sofern man weit genug kommt. Denn nur wenn man genug selbst-bewusst ist, kann man selbstbewusst sein. Bloss fällt es manchen schwerer sich selbst bewusst zu werden, manchen leichter, weil es bei ihnen nicht so viel gibt, dessen man sich bewusstwerden muss.
ES GIBT NUR 1 SEELE
Ich glaube nicht daran, dass jeder Mensch eine eigene Seele hat, es sind alles nur verschiedene Ausprägungen derselben einigen Seele. "Leben" ist Disharmonie der Gesamtseele, jede Einzelseele eine Dissonanz. Gedankenzustände sind keine Gedankenzustände im Gehirn, sondern eher eine bestimmte Position innerhalb der globalen Bandbreite aller Gedanken. Die Masse der Köpfe als eine Anzahl von Nullen und Einsen, ein einziger Speicherstand. Es gibt keinen anderen. es ist alles eins. Persönlichkeit und individuelle Seele sind nur eine Einbildung unseres Systems. Was ist Persönlichkeit wert, wenn sie nur aus den Markennamen besteht, die einem gefallen?
DAS BÖSE
Du bist sehr rational und "aufgeklärt" - ausser über dich selbst und deine Situation. Du denkst strikt rational, während die dunklen Kräfte unbemerkt auf der irrationalen Ebene arbeiten und uns die Seele stehlen. Du verleugnest diese Kräfte, Du verleugnest sogar, dass etwas gestohlen wurde. Je mehr man weiss, desto weniger weiss man darum! Du bist im Käfig des Rationalen gefangen. Aufklärung war ursprünglich eine gute Sache - bis zu einem bestimmten Punkt. Stell Dir vor, Du bist ein Eingeborener, wirst aufgeklärt und kannst nun in der Bibliothek über Physik, Brückenbau usw. lesen, und diese Brücken dann hinterher wirklich bauen. Aber heute halten sie dich in der Bibliothek fest, und du siehst nie mehr eine richtige Brücke - es ist alles Vorstellung. Nur weil man "geistige Arbeit" verrichtet, heisst das leider noch lange nicht, dass man auch automatisch kein Knecht mehr ist (oft sogar im Gegenteil!). Fast immer steht jemand in der Hierarchie höher, jemand, der in "höheren" Zusammenhängen denkt, und sich nicht in Details verfängt. Das freie Wissen und die Aufklärung bringen eine neue Möglichkeit von Gefangenschaft mit sich: Die Gefangenschaft im Wissen. Man muss auf der Hut sein, dass man vor lauter Zahlen und Fakten das wichtige, die Essenz, nicht aus den Augen verliert. Leo Strauss macht die Aufklärung und den Liberalismus für den Niedergang des Philosophierens verantwortlich und fordert eine Rückbesinnung zur antiken platonisch-sokratischen Philosophie. Seine Leitmetapher lautet: Die Aufklärung hat nicht „mehr Licht“ gebracht, sondern das Denken in eine „zweite Höhle“, einen Keller unterhalb der platonischen Höhle geführt, aus dem es sich jetzt erst wieder in die „erste Höhle“ hinauf arbeiten müsse. Wie bereits erklärt, können Freimauerer eigentlich gute Dinge in schlechte verwandeln, und gegen die Menschheit richten. Das Böse wirkt also meist spaltend, sogar wenn es sie vordergründig zu einen scheint, spaltet es sie voneinander und von sich selbst. Die Bankiers zwinkern sich am Morgen beim Rausgehen im Spiegel an, um sich von sich selbst zu verabschieden. Und in der Mittagspause joggen sie kilometerweit, um noch weiter von sich selbst wegzukommen. Die meisten Leute haben Angst vor ihrer eigenen Seele und deren Flecken, darum projizieren sie sie auf jemand anderen, beschuldigen und attackieren diesen. "People will do anything, no matter how absurd, to stop from facing their souls." C.G. Jung. Das Böse kennt weder zeitliche noch räumliche Schranken: 700 Mitarbeiter der „Sicherheitsfirma“ Blackwater sind früher chilenische Militärs gewesen. Diese wiederum waren angeleitet worden von hohen Nazis, die damals nach Lateinamerika geflohen waren. James Steele zum Beispiel, der Berater der mittelamerikanischen Todesschwadronen, diente später im bilanzfälschenden Energiekonzern Enron. Danach wurde seine Entschlusskraft (zu deutsch: Niedertracht?) im Irak gebraucht...
TRANSZENDENZ
Glücklicherweise gibt es nicht nur böse transzendentale Mächte, sondern auch gute. Personen können getötet werden, nicht aber Ideen. Der Sozialismus transzendiert Person, Raum und Zeit, er ist die reine überpersonale Liebe. Wer für die internationale Solidarität kämpft, der wird Teil von etwas Grösserem. Sobald man kämpft, hat man den Tod schon überwunden, wächst über sich selbst hinaus.
Guzman-iparraguirre
Das Leben ist billig in dem Sinn, dass es leicht und unbedacht entstehen kann, aber dennoch teuer für den, den es betrifft. Vom 1. Moment ab der Geburt stirbt man. Aber man sagt, dass auch die ganze Erde im Feuer versinken wird, und in diesem Moment wird die ganze Schöpfung als ewig erscheinen, und als heilig, wie sie wirklich ist, während sie heute als endlich und korrupt erscheint.TOD
Ist die Existenz ein Geflecht von Schmerz und Gefühlen, das von uns wahrgenommen in einer Ödnis der Wahrnehmungslosigkeit hängt, in einem kalten schwarzen All-Raum, so ist der Tod als ein Verlassen des sinnlich-gegenständlichen Bewusstseins und ein Hineintauchen in den Schatten dieses abstrakt-metaphysischen "Unbewussten" zu betrachten. Das, was im Leben unbewusst war, wird im Tod zum Bewussten, und umgekehrt. Das Leben ist ein energetischer Ablauf wie jeder andere. Aber jeder energetische Vorgang ist prinzipiell irreversibel, und damit eindeutig auf ein Ziel gericht: Die Ruhelage. Jeder Vorgang ist schliessslich nichts anderes als eine anfängliche Störung einer sozusagen ewigen Ruhelage, die sich immerwieder herzustellen versucht. Eine Dissonanz vom Grundton, in den man irgendwann einmal wieder zurückklingen muss. Ich glaube, dass Depressive wenigstens einen leichteren Tod haben werden. Ich will es hoffen! In der Zeit vor dem Tod schärfen sich vermutlich Blick und Gedanken - wie in jeder schwächenden Krankheit - und eine erhöhte Sensibilität tritt ein, als müsste der Sterbende hastig noch gewisse Dinge gedanklich klären. Nun hoffe ich aber umgekehrt, dass der Depressive in der Stunde seines Todes gewisse Gedanken schon gemacht haben wird, und nicht mehr so lange für den Transit zwischen diesen Welten benötigt. Die seelische Wahrheit kennt jedoch keine Zeit - darum ist es im Endeffekt nie zu spät.
DARF SICH RELIGION WELTLICH ENGAGIEREN?
Sie muss sogar! Denn Gewissen ist so selten geworden, dass es sich höchstens noch bei Religiösen findet. (Religiös auch im weitesten Sinne.) Beide "Welten", "Jenseits" und "Diesseits", sind nicht getrennt, sondern was ich hier tue, hat sogar eine sehr starke Hebelwirkung in die andere Welt hinüber. Die Rundschrift "Mater et Magistra" von Papst Johannes XXIII setzt sich für die Mitbestimmung der Arbeiter ein, sie öffnete die katholische Soziallehre der sozialen Wirklichkeit des Arbeitslebens. Es ist eine Streitschrift gegen den hemmungslosen Kapitalismus und forderte die Reichen auf, vom Luxus abzulassen. Sie forderte gerechte Löhne, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der ökonomischen Ausbeutung. Der Mensch wurde als Träger und Schöpfer allen gesellschaftlichen Tuns erkannt. Weder Wirtschaftswachstum noch Profit, weder Kapital noch Maschinen seien das wichtigste, sondern des Menschen Recht auf Arbeit, seine Würde stünde im Vordergund. Anfangs de 20. Jahrhunderts reiste Häuptling Tuiavii nach Europa. Er war nicht beeindruckt, und fand, dass die wirtschaftliche Entwicklung die Europäer auf spiritueller Ebene verletzt hätte: "Ihr alle könnt mir bezeugen, daß der Missionar sagt, Gott sei die Liebe. Ein rechter Christ täte gut, sich immer das Bild der Liebe vor Augen zu halten. Dem großen Gott allein gälte darum auch die Anbetung des Weißen. Er hat uns belogen, betrogen, der Papalagi hat ihn bestochen, daß er uns täusche mit den Worten des großen Geistes. Denn das runde Metall und das schwere Papier, das sie Geld nennen, das ist die Wahre Gottheit der Weißen. Sprich einem Europäer vom Gott der Liebe er verzieht sein Gesicht und lächelt. Lächelt über die Einfalt deines Denkens. Reich ihm aber ein blankes, rundes Stück Metall oder ein großes, schweres Papier alsogleich leuchten seine Augen, und viel Speichel tritt auf seine Lippen. Geld ist seine Liebe, Geld ist seine Gottheit."
Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache
Führ mich aus dem lügenhaus
wasch meine erziehung ab
befreie mich von meiner mutter tochter
nimm meinen schutzwall ein
schleif meine intelligente burg
Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache
Reinige mich vom verschweigen
gib mir die wörter den neben mir zu erreichen
erinnere mich an die tränen der kleinen studentin in göttingen
wie kann ich reden wenn ich vergessen habe wie man weint
mach mich naß
versteck mich nicht mehr
Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache
Zerschlage den hochmut mach mich einfach
laß mich wasser sein das man trinken kann
wie kann ich reden wenn meine tränen nur für mich sind
nimm mir das private eigentum und den wunsch danach
gib und ich lerne geben
Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache
gib mir das wasser des lebens
Dorothee Sölle

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