Freitag, 19. August 2011

KULTUR

KULTUR

Kultur macht den Menschen zum Menschen. Kultur ist nicht notwendig - aber sie macht das Leben erst lebenswert. Sie hat keinen Zweck - aber nicht keinen Sinn. Es ist wichtig, die Kultur zu verstehen, wenn man die Welt verstehen will. Wieso? Nur schon aus folgendem Grund: Im Feuilleton kann sogar ein abhängiger Journalist Klartext schreiben und seine Meinung durchscheinen lassen - denn Kulturschaffende sind keine "Pressure Group"...
EXISTENZIALISMUS
Ein grosser Meilenstein in der Nachkriegs-Kulturgeschichte war eine philosophische Bewegung namens Existenzialismus. Seine Wegbereiter waren die Existenzphilosophen Heidegger, Kierkegaard, Jaspers und Hegel. Frühe Vordenker waren der Nihilist Nietzsche und der Dichter Dostojewski. Der Existenzialismus wurde in Form des "französischen Existenzialismus" von Jean-Paul Sartre und Albert Camus vollendet. Der Existenzialismus besagt, dass die Existenz der Essenz vorausgeht. Das bedeutet: Die Dinge SIND einfach. Ein Baum wurde nicht für einen Zweck geschaffen, er existiert einfach. Es gibt keinen vorausplanenden Gott, der diesen Baum mit dem Hintergedanken geschaffen hat, dass man später einen Einbaum daraus schnitzen solle. Dasselbe gilt für die Menschen - der Mensch ist in seine Existenz "geworfen". Wenn hingegen der Mensch etwas schafft, ist es genau umgekehrt: Wenn ich ein Papierflugzeug falte, existiert das Papierflugzeug zuvor schon als Idee in meinem Kopf. Der Existenzialismus besagt aber, dass es bei der Schöpfung der Welt eben umgekehrt ablief. Das bedeutet folglich auch, dass es keine fixen höheren Werte gibt. Somit ist der Mensch radikal frei, er ist "zur Freiheit verdammt", was eine grosse Verantwortung ist. Der Mensch muss "sich selbst entwerfen". Man muss moralische Entscheidungen fällen, und sieht sich mit Phänomenen wie Absurdität, Ekel, Angst, Sorge, Tod und Langeweile konfrontiert. Jean-Paul Sartre, der den Nobelpreis abgelehnt hat (weil dieser "bourgeois" sei), beschreibt den "Ekel", der einen befällt, wenn man die philosophische Erkenntnis hat, dass alles im Leben zufällig entstanden ist.
„Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Sich entscheiden, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heißt auf die Grundfrage der Philosophie antworten. Alles andere – ob die Welt drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien hat – kommt später. Das sind Spielereien; erst muss man antworten.“ Albert Camus
„Die Hölle, das sind die anderen“ Sartre
„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Strassenecke anspringen, es entsteht durch die Entzweiung des sinnstrebenden Menschen von einer sinnleeren Welt“. Albert Camus
FALSCH VERSTANDENER EXISTENZIALISMUSKein Buch wurde so häufig missverstanden wie "Der Fremde" von Albert Camus. Es handelt von einem gleichgültigen Mann namens Meursault, der in den Tag hinein lebt und durch dumme Zufälle einen Araber umbringt, weil die Sonne ihn geblendet hat. Er wird zum Tod verurteilt und wartet auf seine Hinrichtung, verwehrt sich aber dem Gefängnispriester. Er will dessen Trost nicht, weil ohnehin alles sinnlos sei, und schreit: "Nichts, gar nichts sei wichtig, und ich wisse auch warum. Und er wisse ebenfalls warum. Während dieses ganzen absurden Lebens, das ich geführt habe, wehe mich aus der Tiefe meiner Zukunft ein dunkler Atem an, durch die Jahre hindurch, die noch nicht gekommen seien, und dieser Atem mache auf seinem Weg alles gleich, was man mir in den auch nicht wirklicheren Jahren, die ich lebte, vorgeschlagen habe (...)" Viele denken nun beim ersten Durchlesen, die Hauptfigur Meursault sei "der Held" der Geschichte. In Wahrheit ist Meursault als Antiheld gedacht, Camus wollte mit seinem Buch also nicht ein gleichgültiges Verhältnis zu Werten und Moralvorstellungen propagieren, sondern zum Denken anregen.
Bush_existentialism
Camus war nämlich kein Nihilist im negativen Sinn, er wollte sich nichtmal als Existenzialist verstanden wissen, sondern als Moralist, was er auch wirklich war: Indem er aufzeigte, dass es keine in Stein gemeisselten Werte gibt, wollte er, dass neue existenzialistisch-humanistische Werte geschaffen werden, die den Menschen zum Mittelpunkt und Fixpunkt haben. Camus offenbart also die hässliche Wahrheit von der Sinnlosigkeit - aber keineswegs um uns depressiv zu machen, sondern er hoffte, dass wir etwas verändern würden. Ohne im Daseinskampf gewonnene Werte ergibt die Revolte keinen Sinn. Diese Werte müssen sich auf das richten, was wirklich existiert: auf die Menschen selbst. Was der Mensch braucht, ist „menschliche Wärme“ („chaleur humaine“). Camus vergleicht die Lage des Menschen mit der Lage des verfluchten Sysiphus. Er glaubt, dass sogar Sysiphus glücklich sein kann ("Il faut s'imaginer Sisyphe heureux.") Sysiphus muss zwar jeden Tag seine schwere Steinkugel den Berg hochrollen, die immer wieder runterrollt, aber es ist wenigstens SEINE Steinkugel. Laut Camus soll der Mensch "revoltieren". Was bedeutet: Etwas tun, obwohl alles sinnlos ist. Gegen die Sinnlosigkeit ankämpfen, obwohl der Kampf letztlich auch wieder sinnlos ist. All die sinnlosen Taten und Revolten werden durch den Tod besiegelt, der nicht nur die Ursache der Sinnlosigkeit ist, sondern auch die Krönung eines jeden absurden Lebens. Freimaurerische Kreise aber verkehrten den Existenzialismus ins Gegenteil (bzw. förderten seine Fehlinterpretation), also gehen wir raus und töten Araber im Irak... (George Bush hat „Der Fremde“ erst 2006 in seinem Sommerurlaub gelesen – wers glaubt!) Camus Einfluss auf Dich hängt also davon ab, wie Du ihn interpretierst, bzw. wie die Gesellschaft dich ihn interpretieren lässt. Wenn Du ihn richtig interpretierst, gibt er dir einen Ansporn, die Welt zu verstehen und zu 85 verändern. Interpretierst Du ihn aber falsch, lässt er dich lethargisch zurück. Nichts ist sinnlos - oder alles. Du bestimmst!DIE SIMPSONS UND DER POSTMODERNISMUS
Ein anderer nennenswerter Einfluss auf die (Populär-)Kultur waren die Simpsons. Die Simpsons sind ebenfalls ein zweischneidiges Schwert: Sie richten sich gegen das System, wurden aber zunehmends umgepolt, um es zu stützen statt zu bekämpfen. Die Simpsons durchbrechen permanent die vierte Wand, sie richten sich an den Zuschauer, als wüssten sie selber, dass sie nur Figuren in einer Sendung sind, sind selbstironisch. Wenn man die Simpsons schaut, schaut man nicht fern, sondern man schaut, wie jemand fernschaut. Die Bewohner Springfields sind nämlich selbst stark popkulturbeeinflusst, alles ist voller Anspielungen - ein dauernder Befremdungseffekt, der den Zuschauer zum Denken anregt. Durch dieses neue Fernseh-Gefühl konnte eine neue Generation kritischer Fernsehzuschauer aufwachsen. Postmodernismus ist der Stil, keinen Stil zu haben. Der Postmodernismus ist überzeugt vom "Ende der Geschichte", alle grossen Ideologien seien tot, alle grossen Erzählungen seien beendet - Jetzt dreht sich also alles nur noch um sich selbst. (vgl. Nietzsches Theorie von der "ewigen Wiederkunft des Gleichen") In der postmodernen Kultur ist drum alles möglich: Hulk Hogan kann gegen Hitler kämpfen, fiktive Menschen gegen richtige, zeitgenössische gegen mittelalterliche usw. Denn "keine Realität ist höher als die andere." Es gibt keine Hoch- und Tiefkultur mehr, alles wird auf dieselbe Ebene gestellt: Märchen, Wissenschaft, Literatur, Filme, Geschichte. Alles sei arbiträr. "Nichts ist wahr, alles ist erlaubt" war die Losung des Geheimbunds der Assassinen, und dürfte wohl auch von Freimaurern gutgeheissen werden. Die Simpsons, besonders die alten Folgen, waren postmodern in einem positiven Sinn (Ihre Postmodernität regte zum Nachdenken an). Aber das meiste Postmoderne heute ist im negativsten Sinn postmodern, und seine lauteste Botschaft ist: "Es hat keinen Zweck!" Baudrillards Theorie von der "Verschwörung der Kunst" besagt, dass ein Kunstwerk selbst keine Bedeutung hat, sondern ihm diese von der Presse, den Promotoren, der Anhängerschaft usw. verliehen wird. Das gilt heute mehr denn je. Denn das Motto unserer Kultur scheint zu sein: "Wenn die Welt hohl ist, ist Oberflächlichkeit unsere letzte Rettung." Eine nahrhaftere Kultur wäre aber möglich!
INDIVIDUALISIERUNG UND "POSITIVES DENKEN"
Unsere Kultur führt in den (falschen) Individualismus. Säkulärer Satanismus ist nichts anderes als Individualismus in der negativsten Form: Radikaler Egoismus. Die eher in den USA bekannte, von Ayn Rand gegründete, Pseudophilosophie des "Objektivismus" predigt u.a., dass man den Armen nicht helfen sollte. Eine Philosophie der Starken, der Unternehmer. Solche Bewegungen dienen selbstredend den Herrschenden. Und sie werden rätselhafterweise immer und immer wieder neu inkarniert, doch es ist immer dasselbe. Heute, 30 Jahre später, haben wir "Rhonda Byrne" und ihr "The Secret". Dieses Buch liefert uns nichts anderes als einen neuen Aufguss des "Positiven Denkens", das immer wieder aufgewärmt wird. Die Theorie, dass "positive" Gedanken das Glück anziehen würden, mag vielleicht sogar teilweise stimmen, doch damit ist nur das Glück für das Individuum gemeint. Wenn man das "Positive Denken" bis zur letzten Konsequenz analysiert, offenbart sich der pure Faschismus. Um die Schäden übersehen zu können, die sie auf der Welt verursachen, müssen die Schädiger "positiv" Denken, und auch das breite Volk muss es tun, da es sonst aufstehen würde. Es ist eine menschenunwürdige, egoistische Praktik, die im Esoterikbuchhandel unbekümmert gepredigt wird. Der Psychologieprofessor Martin Seligman, Erfinder der "positiven Psychologie", bringt sogar den US-Streitkräften "Positives Denken" bei (ein 31-Millionen-Dollar-Auftrag) Über die Popkultur wird dieses schädliche Gedankengut breit gestreut: - In "Tick Tock" von Nas findet sich die Aussage "Think positive" - die Black Eyed Peas haben ein Lied "Positivity" genannt - "Poverty's a mind state" singt NAS in "Association" („Alles, was zu dumm ist, um gesprochen zu werden, wird gesungen.“ Voltaire) Platon sprach auch von der Musik als eine sehr grosse Kraft um die jungen Menschen zu lenken, so gross, dass der Philosoph wollte, dass Musiker nur mit einer Lizenz arbeiten dürften. Viele Hiphopper haben eine selbstgefällig-chauvinistische "Get rich or die tryin´!"-Mentalität. Der Rapper KRS hingegen sagte einmal: "Du kannst nicht reich sein und gleichzeitig echten Hiphop produzieren!" Sie erzählen dir: "Beschäftige dich nicht mit dem Negativen, weil alles sowieso nur eine Illustion ist." Es heisst, es würde nichts Gutes bringen, sich mit Negativem zu beschäftigen. Wenn also jemand seine Stimme erhebt und sagt: "Wir bewegen uns auf die Hölle zu", werden alle sich abwenden, weil sie darauf konditioniert sind, nur das Positive zu sehen. Will Smith: "Sobald du es sagst, machst du es real. Die Leute fragen mich über Rassismus in Hollywood. Warum sollte ich Rassismus überhaupt erst anerkennen?" Die Irrmeinung "Sobald du es sagst, machst du es real" bedeutet etwa soviel wie: "Wenn du es nicht sagst oder aussprichst, existiert es nicht." Das "positive Denken" kommt harmlos daher, erst auf den zweiten Blick offenbart sich, was für ein bodenloser Zynismus dahintersteckt. Nämlich wenn man den Umkehrschluss zieht: Die Obdachlosen und Hungrigen existierten nicht. Sie sind natürlich bettelarm, weil sie sich ihre Situation herbeigedacht haben bzw. geistig arm sind, und sich nicht besser denken können. Der Esoterikautor Trutz Hardo vertritt sogar die Auffassung, die Juden hätten karmisch die KZs verdient gehabt, über dem Eingangstor von Buchenwald hätte der Spruch "Jedem das seine" geprangt.
KREATIVITÄT
Wenn man die Geschichte des Wortes "Kreativität" analysiert, merkt man, dass dessen Bedeutung sich verändert hat: In den 70ern bedeutete es: Regeln brechen, etwas ungewöhnlich tun, alte Gedankenspuren verlassen. Ab den 80ern wurde der Begriff subjektiviert, und bedeutet jetzt einfach: Sich ausdrücken.
Das Dogma der Individualisierung ist zwar heute schon so tief verankert, dass die Kindergärtnerin den Kindern sagt: "Jedes von euch ist einzigartig.", aber die Menschen unterscheiden sich in Tat und Wahrheit gar nicht so stark voneinander, wie sie meinen, und die ersten Ideen, die uns kommen, hatten oft viele andere schon vor uns. Somit sind wir uniformiert durch Individualisierung, wenn Kreativität sich an nichts mehr reibt als uns selbst, sind wir berechenbar. Individualismus wird nur noch ausgedrückt durch die Produkte, die man kauft, den Stil, den man trägt - Darum die Angst vor den Cumuluskarten, sie wissen, was man gekauft hat, und bei manchen Menschen kommt das bereits einem Seelenraub gleich. Dieser "Individualismus" und dieser falsche Stolz trennen uns.
VERSTECKTE BLASPHEMIE
Wenn wir Erwachsenen kulturell schon derart an der Nase herumgeführt werden, wie sehr passiert das dann wohl den Kindern? Mit Disney ist es immer dasselbe: Prinzessinnen, die nicht reden, Frauen, die nur ihren Körper anzubieten haben, Sex ist ihre einzige Erlösung. In anderen Disneyfilmen gibt es andromorphe Enten, sogar sprechende Objekte, sprechende Autos! Im Kapitalismus wiegen die Dinge schwerer als der Mensch, der sie schafft - Eine Blasphemie nicht nur gegen einen allfälligen Gott, sondern gegen die ganze Menschheit. In Entenhausen gibt es keine Kirche oder Religion. Es gibt aber dennoch eine Art Magie und höhere Macht, die sich äussert. Woher kommt sie? Vermutlich ist Dagobert Duck der heimliche Gott Entenhausens. Die Erfindungen Daniel Düsentriebs sind die "Wunder" der kapitalistischen Produktionsweise. Aber das ist noch nicht die höchstmögliche Stufe von Blasphemie: Wenn in Hollywood der Weltuntergang droht, dann gibt es für die "Guten" immer die Möglichkeit, ihn abzuwenden. Das ist ziemlich paradox, denn der Weltuntergang ist in der Bibel etwas Gottgewolltes. Ausserdem kennt niemand seine Stunde, und wenn er anfängt, dann hat er ja schon angefangen. Man sollte also keinem "Christen" wie Bush glauben, der suggeriert, dass er die Apokalypse abwenden will, denn das ist ein Widerspruch in sich.
SPIELE
Spiele sagen viel über die Gesellschaft aus. Alte Spiele wie Schach hatten feudale Strukturen: Ein König, eine Königin, Bauern usw. Später, als es keine Sympathie für den Kaiser mehr gab, kam "Eile mit Weile auf", es gab keinen König mehr, nur noch Hütchen. Die Spielfiguren waren austauschbar, wie die Soldaten, die in den grausamen Kriegen damals fielen. Das Spiel passte perfekt zur harten neuen Gesellschaft, die Figuren waren immer in Bewegung, eine hohe Unsicherheit und Ersetzbarkeit, die Figuren hatten kein Gesicht. Schon in der Schule werden wir auf die brutaldarwinistische menschenverschleissende Logik des Neoliberalismus gedrillt, wesentlich auch durch Spiele wie "Die Reise nach Jerusalem". Es ist ein hartes Spiel, immer ein Stuhl weniger, wer rausfliegt muss zuschauen ("ist arbeitslos"), und selbst der Sieger ist in seinem Sieg allein - die Wahrheit ist, dass es kein Jerusalem gibt. Heute haben wir elektronische Spiele, Jungen und Mädchen repräsentieren Gangster beziehungsweise Prostituierte in verabscheuungswürdigen Videospielen. Das notorischste Beispiel ist Grand Theft Auto, wo man sogar mehr Punkte bekommt, je mehr Geld man aus einem Überfallsopfer herausprügelt. Das geplante Spiel "Six Days in Fallujah" wurde eingestellt, nachdem jemand herausgefunden hatte, dass die CIA es war, die die Produktion in Auftrag gegeben hatte. Wieso mögen Kinder Videospiele? In Videospielen haben sie ein Ziel. Da gibt es einen klaren Weg, sogar die Munition liegt am Wegesrand bereit. Im Gegensatz zur wirren, absurden Realität ist in den Spielen alles so einfach, dass es geradezu eine Wohltat für den Geist ist. Die moderne Art, die Seele baumeln zu lassen. Man nennt diese Jugendlichen indifferent, aber eigentlich wollten sie ja alle die Welt retten. In den Spielen wie GTA gibt es viel Ironie, GTA ist eigentlich sehr sozialkritisch, wenn man genau hinschaut, und die Witze versteht. Aber die jüngeren Kinder nehmen es wörtlich, sie verstehen die Ironie nicht. Viele auch erwachsene Menschen heute verstehen diese Art von Sozialkritik nicht mehr, und das ist der wirklich traurige Punkt, weit bedenklicher als die Gewaltdarstellung an sich.
IRONIE
Das Stilmittel Ironie ist auch so ein zweischneidiges Schwert. Naomi Klein schildert ein paar Fälle, wie Ironie und Sarkasmus in der Werbebranche verwendet werden, um die Gesellschaft zu manipulieren. Die Werber machen Spots mit viel raffiniertem Sarkasmus, der die Gedankengänge des Betrachters vorwegnimmt. Des Zuschauers wissendes Grinsen ist vorprogrammiert, die Sofakommentare sind vorgeplant. Kritisch sein ist unmöglich, denn sie umgehen Deine moralische Instanz, indem sie Dein
Denken mit Ironie beschäftigt halten: Oft ist Ironie dazu gegen sie selbst gerichtet, was sie unangreifbar macht. Der globalisierungskritische Konsumentenschützer Ralph Nader bekam ein Angebot von Nike. Er sollte mit einem Nike-Turnschuh posieren, dazu der Spruch: "Wieder ein schamloser Trick von Nike, Turnschuhe zu verkaufen" Ironie war es auch, mit der es ihnen gelang, Kurt Cobain totzuproduzieren. Geblendet vom ironischen Scheinwerferlicht konnten sich weder Nirvana noch Pearl Jam oder irgendeine andere grosse Grunge-Gruppe zu politischen Aussagen durchringen. Pseudo-Ironie ermöglicht unbescholtene Grausamkeit: Einem Murat Kurnaz, der erzählt, was ihm angetan wurde, schenkt heute niemand mehr glauben. Die Geschichte klingt zu haarsträubend dreist, um wahr zu sein.
DIE "L'ART POUR L'ART"-IRRLEHRE
Die meisten Künstler, die vom Schweizer Medienteig gewälzt werden, sind gar keine richtigen Künstler. Ein richtiger Künstler stellt sich selbst hinter seine Kunst, und richtige Kunst zahlt sich selten aus. Der richtige Künstler erschafft etwas, das grösser ist als er selbst, je mehr er daneben untergeht, desto bedeutender ist sein Werk. Alle, die sich selbst inszenieren müssen, sind falsch. Aber die Selbstbefruchtungsmaschine SFDRS ist da anderer Meinung... Es wird die Meinung verbreitet, Kunst habe keinen anderen Zweck als sich selbst: "l'art pour l'art" sagt man. Aber das ist eine Lüge! Alles führt zu etwas, nichts steht einfach für sich selbst. Wir sind ein einziger grosser Organismus, und Kultur soll vereinen, nicht trennen! Literatur ohne Kritik ist keine Literatur! In anderen Kulturen war Kunst etwas sozial Engagiertes. Die sozialistische Kunst war Kunst für alle Schichten und Altersklassen, der Künstler wurde mit dem "Bitterfelder Weg" ins werktätige Volk integriert, er musste nicht verspottet dahindämmern irgendwo in einer Mansarde und sich zuschütten wie in unserer "Kultur" heute. Aber wir fühlen uns unangebracht, wenn wir politische Meinungen äussern, lieber lassen wir unsere Künstler Flecken auf Tücher malen. Und weil keiner die Kultur ernstnimmt, war es ein Leichtes, sie zu unterwandern. Wenn Du einen Dokumentarfilm oder einen Vortrag siehst, ist dein Geist 91 ganz wachsam, Du bist kritisch und bemerkst alles. Aber wenn Du ein fiktionales Werk in der Freizeit schaust, ist diese geistige Barrikade weniger wachsam... Wer sich morgens von einem Radiowecker aufwecken lässt, weiss, was ich meine: Am Abend desselben Tages erinnert man sich dann an Bruchstücke aus den Morgennachrichten, aber weiss nicht mehr, woher man diese Sätze gehört hat. Man weiss zum Teil nicht einmal mehr, ob man sie wirklich gehört oder nur geträumt oder nur gedacht hat. Es ist, als wären sie aus dem nirgendwo gekommen... Hollywood produzierte die Filme, in denen James Dean als Arbeiter gegen die bösen bösen Gewerkschaften ankämpft. Dass Gewerkschaften in der Regel eigentlich dem Arbeiter helfen, wird komplett ausgeblendet. Das hollywoodsche "Propaganda Placement" wurde aber immer raffinierter. Heute nutzt man die "Predictive Programming"-Strategie und produziert Ideologie, indem die Filme uns Vorbilder zeigen. In unserer übersättigten Gesellschaft ist es kein Problem, unsere Sehnsüchte zu befriedigen: Die Läden sind überall. Unser Problem ist nur, dass wir alleine nicht wissen, was überhaupt unsere Sehnsüchte sind. Menschliche Sehnsucht ist nichts Spontanes. Das Kino ist also die ultimativ perverse Kunstform: Es gibt uns nicht, was wir begehren, sondern lehrt uns, wie wir begehren sollen. ERFOLG DANK LOGEN Bevor Tupac ermordet wurde, hatte er vor ”fake sell out”-Rappern gewarnt (Jay Z, Nas, Prodigy usw.) Er schrieb einen Song namens “Killuminati”, der erklärte, wie erfolgreiche Musiker bedrängt werden, in die einschlägigen Orden einzutreten, um ihre Karrieren zu behalten. Das ”Rap Game” sei manipuliert und nur für diejenigen Künstler würden sich die Türen öffnen, die sich bereit erklären, zu Marionettenspielern zu werden. Der Komiker Dave Chapelle: "Niemand hat als Entertainer seinen Durchbruch weil er einfach hart in einem Comedyclub arbeitet..."
- Jay Zs Kleidermarke: "Rocawear" (benannt nach John D. Rockefeller)
- Wenn Freimaurer eingeführt werden, sagen sie "Ich bin", so nennt sich Jay Z auch "Jay Hova"
- Nas präsentiert sich auf seinem Album "I am" als Pharao
- MC Melle Mel, Bomfunk MC usw. = MC = Master of ceremonies
- "I´m a microchip of the old block" (Gnarls Barkley, "Transformers") = "Alter Altar"
Es findet in der Popmusik auch eine Glorifizierung der Armee statt. Derzeit durch Bruno Mars (der römische Kriegsgott) mit "Catch a Grenade" und "Soulja Boy" = "Soldier Boy"
Pinkmasonicinitiation
Wenn die MCs also die "Zeremonienmeister" sind, sind wir Konzertgänger gewissermassen alle Teilnehmer bzw. Zeugen von Ritualen. Es ist schwierig, das Eigentliche zu sehen hinter den Symbolen.Die Musik des Establishments versucht uns klein zu machen, verhöhnt uns Zuhörer:
"What you know!" T.I.
"Whatcha say!" Jason Derulo
"You can't tell me nothing!" Kayne West
Gleichzeitig die Aufsexualisierung durch im kommerziellen Hiphop sehr häufiges Frauengestöhn im Hintergrund. Gewaltfördernde Minderwertigkeitskomplexe sind vorprogrammiert!
WELTSCHMERZ IN DER KULTUR
Es gab nie eine Zeit, in der die Depression verbreiteter war als heute. Aber unsere Kultur drückt dieses Gefühl sehr wenig aus. Wir können über alles andere reden heute, über Sex, Grausamkeiten, allerhand Tabus usw., aber Depression ist anscheinend das letzte noch bestehende Tabu unserer Kultur. Irgendwie ist es fast obszön, über Depression zu sprechen. Wenn man darüber spricht, wird man als banal angesehen, oder als ein Misantroph, ein Schwarzseher oder Faulenzer, der nichts mit sich anzufangen weiss: Der Depressive ist "nicht erfolgreich", aber die Ironie ist, dass unsere Prozac-Gesellschaft sehr "erfolgreich" ist... Die Kultur anderer Jahrhunderte hat den Weltschmerz zu verarbeiten gewagt: Dürers "Melencolia", die Romantik, die klassische Musik usw., und es war überhaupt nicht banal, sondern höchste Kunst! Richtige Künstler sind feinfühlige Leute, sie spüren den Weltschmerz, statt ihn nur mit Lärm zu übertönen. Tiefes Denken wird in unserer Gesellschaft also eher wie ein Blinddarm behandelt - es ist nicht unmittelbar nützlich, man kann auch ohne es existieren. Und je weniger man dieses Denken braucht, desto mehr entwickelt es sich zurück, bis die (D-)Evolution es eines Tages total aus unseren genetischen Bauplänen herausstreicht.
ERKENNTNIS MUSS MAN AUSHALTEN KÖNNEN...
Die Herrscher wissen, dass alles auf der Welt arbiträr ist, also können sie darauf aufbauen und ihre eigene Realität erschaffen und uns diese vorsetzen. Ein Gefühl dafür zu bekommen, dass alles arbiträr (und sinnlos) ist, ist selbstredend nichts Angenehmes... Aber im Gegensatz zum einzelnen Depressiven, den die ungeheuerliche Erkenntnis stets allein trifft, sind die Freimaurer-Politiker nicht alleine mit der Erkenntnis, denn sie haben ja ihre Bruderschaft im Rücken, die ihnen hilft, den heiligen Wahnsinn zu kanalisieren und zu instrumentalisieren, damit er sie nicht selbst auffrisst. In dem Sinn sind Politiker wie Komiker. Komiker sind mir unheimlich - Denn um andere zum Lachen zu bringen, muss ein Komiker wissen, dass es eigentlich gar nichts zu lachen gibt...

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